Room at the Top

Jack Clayton (GB 1959)

Simone Signoret
Schön, stark und etwas verrucht – Simone Signoret hatte schon in jungen Jahren eine Ausstrahlung, die sie für Rollen im Halbweltmilieu zu prädestinieren schien. Erst allmählich vermochte sie sich von diesem Stereotyp zu befreien, nicht zuletzt mit Projekten, in denen sie ihr politisches Engagement einbrachte. Noch im Alter, dessen Spuren sie nie vertuschte, verkörperte sie unvergessliche Filmfiguren.

«Es ist die gute, vertraute Geschichte vom klugen, ehrgeizigen Jungen aus der Provinz, der in der Grossstadt Erfolg haben will. (...) Hier stammt der Junge aus den modernen Industrie-Slums von Yorkshire; er ist in einem deutschen Gefangenenlager im Zweiten Weltkrieg zum Zynismus erzogen worden und nun ist er Beamter. Wie Julien Sorel in Stendhals «Le rouge et le noir» und Clyde Griffith in Theodore Dreisers «An American Tragedy» ist auch Joe Lampton auf Abenteuer aus; anders als jene wird er für seine sexuellen Übergriffe nicht umgebracht, auch wenn er zusammengeschlagen wird in einer Weise, die eine rituelle Bestrafung andeutet. Wie seine Vorläufer handelt der Roman von Klassenzugehörigkeit, Geld und Macht – und davon, wie Sex, der benutzt wird, um diese zu erreichen, dem Benutzer eine Falle stellt.
Joe ist ein aggressiver junger Emporkömmling, ein Mann aus den Slums, der die Klassenstruktur durchbrechen und ins Establishment aufsteigen will. Der Film hat geholfen, Erwachsene zurück ins Kino zu locken – zum Teil zweifellos wegen der ungewöhnlich intelligenten Darstellung von Joes Trieben und den ungewöhnlich unverblümten Dialogen, vor allem aber wegen der grossartigen Liebesszenen zwischen Laurence Harvey und Simone Signoret. Sie ist wunderbar als die ältere Frau, die er liebt, aber seinem Ehrgeiz opfert. Ihre Sinnlichkeit steht im Kontrast zu der jungfräulichen Oberflächlichkeit von Heather Sears in der Rolle des Mädchens, das er heiratet.» (Pauline Kael: 5001 Nights at the Movies, Marion Boyars 1993)
«Der Film hat einen wichtigen Pluspunkt: Simone Signoret, die für diese Rolle in Cannes den grossen Preis für die beste Darstellerin bekam. Schöner denn je, spielt sie mit ungeheurer Intelligenz. Es genügt zu sehen, wie sie vor dem Spiegel ängstlich die Falten unter ihrer Schminke erahnt oder verzweifelt und sprachlos in der Ecke einer Kneipe sitzt, um zu verstehen, dass wir es hier mit einer jener aussergewöhnlichen Kreaturen zu tun haben, die von Asta Nielsen über Greta Garbo und Marlene Dietrich bis zur Magnani die Geschichte der siebten Kunst prägen. Ihr Gesicht lässt die Leinwand erstrahlen; ganz für sich allein konzentriert es die gesamte Poesie des Films und verteilt sie neu. Die Figur fällt komplett mit ihrer Darstellerin zusammen, und es ist doppelt unverzeihlich, dass Joe ihr eine kleine Milliardärspflaume vorzieht. Alice-Signoret ist viel mehr wert als die Fabriken von Papa Brown. Ausserdem ist sie ‹die Frau› schlechthin, voll und ganz und wunderbar.» (Freddy Buache: Le cinéma anglais, LʼAge dʼHomme 1978)


117 Min. / sw / DCP / E

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Künstler:innen / Personen

Regie: Jack Clayton
Drehbuch: Neil Paterson
Autor: John Braine
Kamera: Freddie Francis
Musik: Mario Nascimbene
Schnitt: Ralph Kemplen
Besetzung: Simone Signoret (Alice Aisgill), Laurence Harvey (Joe Lampton), Heather Sears (Susan Brown), Donald Wolfit (Mr. Brown), Ambrosine Phillpotts (Mrs. Brown)

Veranstalter:in

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