Kulturzuwachs im Niederdorf

Pssst: kennst Du den «Rank» schon? Das Lokal «Am Rank» ist für die meisten Foodies wahrscheinlich ein Begriff, aber auf der Kulturagenda ist er noch ein kleines Geheimnis. Der «Rank» steht im Niederdorf dort, wo vorher das Strip-Lokal «Calypso» stand und  wirkt von aussen unaufgeregt. «Am Rank» ist der erste kulturelle Newcomer seit längerem im Niederdorf, vor einem Jahr eröffnete das Lokal mit einem neuen Konzept: am Donnerstag, Freitag und Samstag treten Künstler:innen auf und vor der Performance wird regionaler Fine Food serviert. Ein Mix aus relaxtem Kulturbesuch und gehobenem Restaurant also. 

Wie sieht das aus?

Im tief dunkelblau gefärbten Raum stehen Bistrotische, während ein grosses Fenster den Blick in die geschäftige Küchefreigibt. Das Herzstück des Club-Restaurants: eine kleine, stufenhohe Bühne. Spotlights erhellen den darauf ausgelegten Perserteppich, Mikrofon und Verstärker stehen schon bereit. Die Performance startet ab 21:30 und vorher sollte man unbedingt: Essen. Hier werden kleine Kunstwerke auf grossen Tellern serviert: Polenta mit Onsenei und Belperknolle, Serviettenknödel, frischer Fisch und hausgemachte japanische Okonomiyaki Nuggets. Die Mischung aus neu interpretierter Hausmannskost und asiatischen Klassikern von Jungtalent und Chefköchin Michaela Frank überzeugt – auf die Essenskreationen kommt auch noch ein Serviceteam, das offensichtlich Spass an der Arbeit hat. Die gut gelaunt servierten regionalen und saisonalen Produkte haben ihren Preis. Ein vegetarisches 3-Gang-Menü kostet 79 CHF, inklusive Ticket für ein Konzert sowie Getränke kann ein Abend rund 120 CHF kosten. Es geht aber auch günstiger: Das Konzertticket kostet für Student:innen 20 CHF, mit einem Getränk kombiniert liegt ein Abend für 30 Franken im «Am Rank» also durchaus drin. 

Um halb 10haben sich viele der Essensgäste verabschiedet. Zurückgeblieben ist ein kleiner, intimer Kreis, der sich rund um die Bühne platziert hat. 

Der Übergang zwischen Restaurantbetrieb und Performanceatmosphäre gelingt reibungslos, es wird still im Raum. 

Es treten auf: Das Spoken Word Improvisations-Duo Anna & Stoffner. Mit dissonanter Gitarrenimprovisation stimmt Flo Stoffnerdas Publikum auf einen atemlosen Ritt durch Anna & Stoffners Sounduniversum ein. Anna Frey, Rapperin und Theaterregisseurin, erzählt darüber mal stakkatoartig, mal im Flow, mal sanfter gesprochen, ihre Texte über das Individuum, das eigene Sein und Nicht-Sein. «Wenn ich Selbstgespräche führe, mit wem spreche ich dann?» ruft Anna ins Publikum, die Gitarre verklingt im Hintergrund, die Gäste rutschen kurz unruhig auf ihren Sitzen. Man möchte den beiden eine Antwort geben auf die Fragen, die sie in den Raum stellen. Die über 10-jährige gemeinsame Auftrittserfahrung des Duos macht sich hier bemerkbar, oft treffen Sprache und Musikimprovisation punktgenau aufeinander und erzählen so zusammen mehrdimensionale Geschichten, die mich in ihren Bann ziehen. 40 Minuten lang lacht, schaudert und wundert sich das Publikum mit ihnen. 

Alles perfekt?

Die einzigen zwei Wehmutstropfen an dem ansonsten so sorgfältig durchdachten «Rank»: Das Programm 22/23 enthält nur 9 weibliche Künstlerinnen bei insgesamt 33 Acts. Perlen wie Leoni Leoni oder Nik Bärtsch stehen auf dem Lokalkalender, aber der Programm-Faden erschliesst sich mir noch nicht ganz. Ist der Schwerpunkt Jazz, Impro, Jungkunst oder Mundart? So oder so steht der «Rank» für einen Niederdörfli-Spirit, der gerne noch wachsen darf.