Frauen, die der Norm trotzen

Wenn heute Frauen wie die Sängerin Charli xcx oder die Schriftstellerin Sally Rooney die Musik- beziehungsweise Literaturwelt dominieren, dann ist das nicht zuletzt der Vorarbeit von Pionierinnen in diesen Disziplinen zu verdanken. Frauen wie die Komponistin Clara Schumann und Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, die das Dickicht festgefahrener Geschlechterrollen herausgefordert und aufgebrochen haben.

Clara Schumann steht bis heute oft im Schatten ihres Mannes Robert. Dabei sorgte sie mit ihrer Tätigkeit als Klavierlehrerin und ihren Konzerten nicht nur für den Lebensunterhalt der Familie, sondern verzauberte mit ihrer Virtuosität das Publikum und stand so oft vor ihrem Mann im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Im Opernhaus widmet sich das Ballett Clara von Cathy Marston dem Leben dieser begnadeten Musikerin des 19. Jahrhunderts.

Die Ikone des frühen Feminismus Ingeborg Bachmann setzte sich ebenso über normative Rollenbilder hinweg und führte als freie Autorin ein emanzipiertes Leben. Anhand von Texten, Fotos und Filmausschnitten geben Wanda Schmid und Gertrud Pinkus im Debattierhaus Karl der Grosse tiefe Einblicke in das Leben und Wirken der beeindruckenden Denkerin.

Das Wort Diva war lange Zeit negativ besetzt. Im Grunde geht es aber um unerschrockene Frauen, die unbeirrt ihren eigenen Weg gehen und sich ihrer aussergewöhnlichen Fähigkeiten bewusst sind. Das italienische Lehnwort geht auf die weibliche Form des lateinischen divus «göttlich» zurück. Die Schauspielerin Marlene Dietrich, die Sängerin Maria Callas und die unzähligen Soul-Koryphäen von Aretha Franklin bis Diana Ross verfügten zweifellos über eine göttliche Gabe und Ausstrahlung.

Mit 15 Filmen widmet das Filmpodium der Hollywoodikone Marlene Dietrich eine Retrospektive. Auf der Leinwand wie im Leben war sie eine moderne, unabhängige Frau, die sich selbstbewusst von verführerisch bis androgyn in Szene setzte. So befreite sie sich aus dem engen Korsett gesellschaftlicher Normen und hatte buchstäblich und im übertragenen Sinne die Hosen an – und das in einer Zeit, in der Frauen überwiegend klein gehalten wurden.

Game Over Play Over im Theater Stadelhofen bewegt sich zwischen Drag-Show und Kasperletheater und versteht sich als Hommage an Diven. Allen voran an die legendäre Sopranistin Maria Callas, die sich in diesem Stück in einer absurden Gameshow wiederfindet. Das Bühnenwerk von Lars Wolfer und Sebastian Ryser setzt sich mit der Faszination der queeren Community für die Figur der Diva auseinander.

Auch das Theater Rigiblick huldigt mit einem musikalischen Abend den Diven, genauer genommen den Soul-Diven der 60er und 70er Jahre. Darunter Aretha Franklin, Diana Ross, Etta James, Tina Turner oder Dionne Warwick, die mit ihrer Musik sowohl dem Machismo als auch dem Rassismus den Kampf angesagt haben.

Trotz positiver Entwicklungen in jüngster Zeit ist die Gesellschaft immer noch überwiegend auf den weissen, heterosexuellen Mann ausgerichtet. Um patriarchalen Strukturen entgegenzuwirken, ist es notwendig, entsprechende Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und Identitäten ausserhalb dieser Norm zu beleuchten. Die Regisseurin Julia Haenni und die Autorin Anna Rosenwasser machen es vor.

Julia Haennis Stück frau heilt (party) im Theater Winkelwiese, beschäftigt sich mit der männlichen Vorherrschaft in der Medizin. Mit beissendem Humor und kritischem Blick seziert Haenni die Geschichte der westlichen Medizin, die sich bis vor kurzem weder für die Krankheiten nicht-männlicher Körper interessierte noch dafür Forschungsgelder zur Verfügung stellte.

Die männlich dominierte Politik wurde mit dem Einzug von Anna Rosenwasser, Autorin und Nationalrätin mit den Schwerpunkten Feminismus und LGBTQ, auf den Kopf gestellt. Ihr Rosa Buch (2023) ist queeren Menschen gewidmet und handelt von Geschlecht und Anziehung ausserhalb der binären Norm. Texte daraus wird sie im Millers lesen, musikalisch begleitet vom Pianisten Simon Hehlen.