Eine Ausstellung wie ein Faustschlag

Redaktion Gretta Bott
Redaktion Gretta Bott

Eine Ausstellung, die beinahe körperliche Schmerzen bereitet: Käthe Kollwitz' Werke sind ungeschönt und echt. Jetzt im Kunsthaus.

Selten haben mich Bilder so berührt wie diejenige der deutschen Plastikerin, Grafikerin und Zeichnerin Käthe Kollwitz, die aktuell im Kunsthaus Zürich zu sehen sind. Die Ausstellung «Stellung beziehen» führt bis am 12. November 2023 in 9 Stationen durch Kollwitz' künstlerisches Oeuvre. Flankiert sind die sehr ausdrucksstarken Werke von Installationen der Gegenwartskünstlerin Mona Hatoum.  

Ob Wut, Trauer oder die wahnsinnig präzise Beobachtung einer Szenerie: So persönlich, genau und nah am Leben ist Kollwitz‘ Schaffen, dass einige Bilder beim Betrachten fast schmerzen. Ein Selbstbildnis, in dem die Künstlerin die Betrachtenden unglaublich müde und hoffnungslos anblickt, bewegt mich tief, so lebendig erscheint es. 

Besonders spannend sind die Vorstudien und Skizzen, die das Kunsthaus den finalen Versionen gekonnt gegenüberstellt. Wie sich «Frau mit totem Kind» entwickelt hat, welche Überlegungen und Überarbeitungen Kollwitz vorgenommen, welche Materialien und Techniken sie verwendet hat, all das wird sichtbar und verständlich. Und erst durch diese Entstehungsgeschichte zeigt sich auch, wie versiert Kollwitz in unterschiedlichen Techniken wie der Radierung, Lithographie oder dem Holzschnitt war.

«Ich will wirken in dieser Zeit» – diesen Ausspruch sei unauslöslich mit dem Schaffen Käthe Kollwitz‘ verbunden, schreibt das Kunsthaus. Die Künstlerin erlebte zwei Weltkriege, im ersten verlor sie ihren Sohn Peter, der sich als Freiwilliger gemeldet hatte. Mit ihrer Kunst engagierte sie sich sozialpolitisch, humanitär und pazifistisch. Das Leid, das Krieg immer verursacht, zeigt sie mit einer ungeschönten Wucht. Das Plakat «Nie wieder Krieg», das sie 1924 für den mitteldeutschen Jugendtag Leipzig fertigte sowie der Holzschnitt-Zyklus «Krieg» gehören zu ihren bekanntesten Werken.  

In einen Dialog treten Kollwitz‘ einfühlsame Werke mit Installationen der palästinensisch-britischen Künstlerin Mona Hatoum. Ein übergrosser Rosenkranz aus Kanonenkugeln liegt da oder Stahlkäfige, die an Gefängnisse erinnern, in denen rote Glasobjekte eingesperrt sind. Beide Künstlerinnen beziehen also klare Stellung. Zum Krieg, zur Gesellschaft, zu Problemen ihrer Zeit. Eine Ausstellung über zwei mutige Frauen, die bewegen. 

Stellung beziehen – Käthe Kollwitz

Kunsthaus Zürich

Stellung beziehen – Käthe Kollwitz

Mit kapitalen Zeichnungen, seltenen Probedrucken und längst schon kanonischen Skulpturen deckt die Ausstellung das gesamte Spektrum ihres Wirkens ab. Die ...

Dauerausstellung

Von Gretta Bott am 21. September 2023 veröffentlicht.

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